Ein wehmütiger Blick zurück auf das kleine Naturparadies La Graciosa und wir rauschen los gegen Süden. Unser Ziel ist die Marina Rubicon, wo es alles geben soll, was das Herz nach vielen Tagen vor Anker begehrt: Eine Dusche, eine Waschmaschine und Einkaufsmöglichkeiten. Der Wind spielt mit und treibt unser Tempo munter hoch, die Wellen sind nicht sehr hoch und Lio, Janosch und Nico haben unterdessen so stabile Seebeine, dass sie sich auch unter Deck die Zeit vertreiben können. Das Anlegemanöver im neuen Hafen klappt und wir staunen über die weisse Überbauung. Ein einladendes Restaurant reiht sich ans andere und eine grosse Hotelanlage prangt im Hintergrund. Menschen wuseln durcheinander, wir sind nach den ruhigen Tagen ein bisschen überfordert, aber auch gespannt, was es hier zu sehen gibt. Es ist schön, wieder einmal etwas weniger zu schaukeln als in der Ankerbucht und in einer gemütlichen Pizzeria zu essen, anstatt den Gasherd anzuwerfen. Wir Erwachsenen geniessen zudem die bis anhin beste Dusche mit verlässlich warmem Wasser und die Kinder frönen dem Süsswasserpool, der zur Marina gehört.
Wieder frisch sind wir bereit, Lanzarote zu entdecken. Ein gemietetes Auto verhilft uns zu Mobilität auf dem Land, damit wir uns gebührend umsehen können. Als erstes besuchen wir den Timanfaya Nationalpark, in dem es möglich ist, den Kratern dieser Vulkaninsel nahe zu kommen. Da wir uns nicht anders als in der Heimat schwer tun, den Schritt aus den eigenen vier Wänden zu schaffen, sind wir später dran als gewollt und sehen die Autoschlange schon von weitem. Es reicht noch für ein kurzes Fluchen, schon sind wir eingekeilt in der Reihe der Wartenden. Unsere Geduld lohnt sich: Die Umgebung wirkt unwirklich, die Gesteinsbrocken imposant. Bald plaudern wir staunend über die Entstehung dieser Inseln. "Lanzarote bleibt die wohl fremdartigste Insel des kanarischen Archipels. Faszinierend, weil sie dem Fremden ein archaisches Bild von der Entstehung der Erde gibt." Diese Sätze des Sprechers des Dokfilms, den wir uns am Vorabend angeschaut haben, hallen beim Anblick der rötlichen Erde und den dunklen Massen an Lava im Kopf nach. Auf der Anhöhe werden als Touristenattraktion sogar Güggeli über einem tiefen Erdloch gebraten, die Hitze ist so hoch, dass ein kleiner Gutsch Wasser in ein in der Erde angebrachtes Rohr zischend in einer Dampfwolke verpufft. Auf der angebotenen Rundfahrt mit einem Reisecar durch die Krater der sogenannten Feuerinsel fühlen wir uns wie auf dem Mond. Die Füsse wieder fest am Boden, ziehen wir weiter zum nächsten Touristenmagnet, der Cueva de los Verdes, einer Höhle, die einst durch einen Lavastrom geformt wurde. Etwa eine Stunde streifen wir mit einer Führerin durch unterirdische Gewölbe, bis wir den Kopf wieder an die Sonne strecken.
Es gibt so viel zu sehen, dass die Tage schnell ins Land ziehen. Wir treffen auf Werke des lokalen Künstlers César Manrique, der sich für eine bedachte Gestaltung der Insel eingesetzt hat und damit viel zur Schönheit einzelner Werke, aber auch zur Stadtplanung beigetragen hat. Immer wieder lockt die Umgebung zum Aussteigen, wir essen Spezialitäten wie zum Beispiel patatas con mojo rojo y verde, runde Salzkartoffeln mit roter und grüner Sauce, sehen, wie Weinbauern ihre Rebstöcke einzeln in extra dafür gestalteten Erdmulden hegen und pflegen, um sie trotz dieser wirklich unwirtlichen Gegend wachsen zu lassen.
So schön es ist, wieder einmal lange Tage an Land zu verbringen und nur zum Schlafen zu Rocinante zurückzukehren, so schnell treibt es uns doch nach drei Tagen wieder aufs Meer. Mit gefüllten Wassertanks legen wir an der Marina ab und steuern die Playa Papagayo an; wunderschöne Buchten, die mit türkisfarbenem Wasser zum Schnorcheln einladen. Hier vor Anker ist unser nächstes Ziel bereits in Sichtweite: Lanzarote zeichnet sich als genauso beeindruckend karge, mit Kratern übersähte Feuerinsel klar über dem Meer ab.